Von Petra Grünendahl
Vans erfreuen sich steigender Beliebtheit hierzulande. Angebote reichen in jede Nische vom Mini- bis zum Maxivan, die Zulassungszahlen steigen kontinuierlich. Knapp elf Prozent der Neuzulassungen gehören in diese Kategorie. Gefragt sind sie in erster Linie wegen ihrer Variabilität. Bis zu fünf oder gar sieben Personen und Gepäck lassen sich verstauen und transportieren.
Die Karosseriestruktur eines Van bietet mittlerweile ähnliche Sicherheitsreserven wie die eines Pkw. Das gilt zumindest für den Alltag, in dem man ja selten „voll besetzt“ unterwegs ist. Ein voll beladener Van hingegen birgt Risiken, deren sich die Passagiere immer noch viel zu wenig bewusst sind.
Die Risiken stecken in der Variabilität des Innenraumes: Passagier- und Gepäckraum sind nicht voneinander abgetrennt. Durch das Herausnehmen oder Versenken von Sitzen ist es dann auch noch möglich, das Gepäck weiter bis in den Passagierraum zu laden, zumeist auch völlig ungesichert. Gefährlich werden diese ungesicherten Ladegüter, wenn sie bei einem Zusammenstoß wie Geschosse durch den Fahrgastraum fliegen.
Unfallforscher der DEKRA und der schweizerischen Winterthur-Versicherung haben in verschiedenen Crashtests versucht, die Sicherheitsrisiken von Großraumlimousinen und Vans deutlich zu machen. Das Crashverhalten der Fahrzeuge hielt die in sie gesetzten Erwartungen. Die Gefahren für die Insassen gehen vor allem von falscher, weil nicht richtig gesicherter Beladung aus.
In drei Versuchen stellten die Unfallforscher typische Alltagssituationen dar, die Gefahrenpotenziale offen legten.
Heckkollision Pkw – Van
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=RIRKCaqbTBY
Ein Pkw fährt mit Tempo 50 und Teilüberdeckung von hinten in einen stehenden Van. Die ohnehin nur kurze Knautschzone „Laderaum“ im Van ist mit Brettern gefüllt. Die nicht verformbare Ladung kann keine Kollisionsenergie aufnehmen. Die Aufprallenergie geht durch die starre Ladung ungefiltert in die dritte Sitzreihe. Passagiere haben hier ein hohes Verletzungs- oder gar Todesfallrisiko.
Seitliche Kollision Pkw – Van
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=JjVq20XOpCM
Bei einem zweiten Crash fährt ein Pkw mit 50 km/h einem etwa 25 km/h schnellen Van in die Seite und trifft die seitliche Schiebetür. Die Seitentür wird eingedrückt. Dahinter ist der Wagen zunächst mit einem Surfbrett beladen, bevor in der mittleren Reihe zwei Passagiere sitzen, die durch das verrutschte Ladegut etwas eingeengt werden. Der Kopf des Passagiers direkt neben dem Surfbrett knallt gegen dieses. Eine Seitentür gibt es nur auf der rechten Seite, auf der Seite des Passagiers nicht. Die Schiebetür lässt sich nach dem Aufprall allerdings nicht mehr öffnen. Verletzte Insassen müssen durch die Heckklappe geborgen werden.
In diesem Crashversuch bei regennasser Fahrbahn hatten die „Insassen“ allerdings noch Glück im Unglück. In einem früheren Versuch auf trockenem Asphalt – mit einem größeren Reibwiderstand für die Reifen – war der Van nämlich auf die Seite gekippt …
Frontalkollision Van – Van
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=JRZEG8aXaMI
Im dritten Crash ließen die Unfallforscher zwei Vans frontal mit 50 km/h mit einer Überdeckung von 50 Prozent ineinander fahren. Beide Vans transportierten die gleichen Umzugsgüter: Waschmaschine, Kühlschrank, lange Bretter, ein Computermonitor und verschiedenster Kleinkram. Allerdings war die Ladung in einem Van fachmännisch gesichert, im anderen einfach nur hineingestellt worden. Die gesicherte Ladung drängte sich zwar mit ihrem gesamten Gewicht in Fahrtrichtung, aber die Sicherungen konnten verhindern, dass der Fahrer ernsthaft in Bedrängnis geriet. Die ungesicherte Ladung hingegen machte sich selbstständig, manche Teile flogen dem Fahrer regelrecht um die Ohren: Schwere Kopfverletzungen wären im realen Leben die Folge gewesen.
Ladung richtig sichern
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=AdfVW6tzQYk
Ungesicherte Ladung ist aber nicht nur bei Zusammenstößen ein Risiko für die Passagiere. Auch bei abrupten Brems- oder Ausweichmanövern kommt mehr Bewegung ins Gepäck als Fahrer und Passagieren Recht sein kann.
Auch die Automobilhersteller sind gefordert: Mehr Anschlagpunkte für Gurte (Verzurrösen) im gesamten Innenraum, flexibel einzusetzende Sicherungselemente, die das Gepäckabteil vom Passagierraum trennen und verstärkte Heckstrukturen. Vor allem ist aber mehr Aufklärungsarbeit beim Endverbraucher nötig, denn was nützen mir die bestmöglichen Schutzeinrichtungen, wenn ich sie nicht richtig – oder gar nicht – einsetze.
© 2002 Petra Grünendahl,
Fotos: Petra Grünendahl (5),
Dekra/Winterthur (3), Beat Märki für Dekra/Winterthur (1)
Filme: Dekra (4)
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