Von Petra Grünendahl
Kleine Autos sind zumeist günstig in Anschaffung und Unterhalt, praktisch bei kleinen Parklücken und wendig beim Einparken oder im Stadtverkehr. Kleinstwagen wie Daihatsu Cuore, Fiat Panda (inkl. Seat Marbella), 500 (Cinquecento) oder Seicento, Ford Ka, Peugeot 106, Renault Twingo, Seat Arosa, Smart Fortwo oder VW Lupo stellen in Deutschland mit 1,74 Mio. Fahrzeugen immerhin 3,9 Prozent des Gesamtbestandes. Ob als Erstauto von Studenten oder Azubis oder als Zweit- oder Drittwagen in der Familie – ihren Platz haben sich die Kleinsten auf vier Rädern längst erobert. Gerade als Zweitwagen für die Frau sind sie beliebt, regelmäßig mit dem Nachwuchs auf der Rückbank.
Schon physikalisch sind Kleinstfahrzeuge bei einer Kollision größeren Limousinen gegenüber im Nachteil. Kleinere Autos haben wegen ihrer geringeren Masse weniger Knautschzonen und werden bei Kollisionen mit größeren Fahrzeugen stärker beschleunigt. Damit steigt das Verletzungsrisiko der Insassen stark an, denn größere Energien werden gerade bei stabileren Karosserien auf die Insassen übertragen. Der Kleine wird aufgrund seines Gewichts zum Spielball häufig auch größerer Automobile. Unfälle mit Verletzten oder Getöteten sind bei Kleinstwagen häufiger als bei Mittel- oder Oberklassefahrzeugen. Unfälle ereignen sich häufiger innerorts, so dass die Insassen verhältnismäßig seltener schwer oder tödlich verletzt werden, was aber darauf zurückzuführen ist, dass meisten Unfälle mit Kleinstwagen bei niedrigeren Geschwindigkeiten passieren. Halswirbelverletzungen sind häufig, gerade weil es an stabilen Sitzen und höhenverstellbare aktiven Kopfstützen fehlt. Bei höheren Geschwindigkeiten haben die Insassen von Kleinstwagen geringere Chancen, glimpflich davon zu kommen.
Den Kleinen fehlen Sicherheitsreserven, die auf anderem Weg wieder wettgemacht werden müssen: eine steifere, möglichst hochstabile Fahrgastzelle, gute Polsterung im Innenraum, hochwertige, stabile Sitze und aktive Kopfstützen sowie umfangreiche Rückhaltesysteme bester Qualität (Drei-Punkt-Gurte mit Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer, Front-, Seiten- und Kopfairbags und Isofix-Kindersitzhalterungen). Darüber hinaus sind aktive Sicherheitssysteme nötig, die helfen, es gar nicht erst zu einem Unfall kommen zu lassen: gute Bremsen, ABS, Elektronische Bremskraftverteilung, Bremsassistent und ESP zur Erhöhung der Fahrstabilität.
Das jedoch hat seinen Preis, der sich im Kaufpreis niederschlägt – und der Kaufpreis ist immer noch ein gutes Argument für den Kleinstwagen. So sind diese Fahrassistenzsysteme kaum in Kleinwagen Serie, auch optional angeboten werden sie mitunter nicht. Gleiches gilt für Kopf-/Seitenairbags. Auch lässt die Qualität der Innenausstattung bei Kleinwagen manchmal zu wünschen übrig, Sitze und Kopfstützen halten den hohen Belastungen nicht stand. Hier sparen Hersteller wie Käufer an der falschen Stelle.
Die Dekra-Unfallforschung untersuchte in Zusammenarbeit mit den Unfallforschern der Winterthur Versicherungen, wie viel Sicherheit Klein- und Kleinstwagen im Falles eines Unfalles den Insassen bieten.
Quetschkommode: Die Seitenkollision
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=ThMr8PikRas
Typische Situation im Stadtverkehr: Ein Fahrer will bei Tieforange oder Kirschgrün noch über die Ampel huschen, aber der kreuzende Verkehr hat sich schon in Bewegung gesetzt. Und schon ist es passiert: Es knallt. Im Versuch trifft ein mit 50 km/h fahrender Peugeot 106 einen mit 25 km/h kreuzenden Ford Ka.
Glück hat der Fahrer im Peugeot 106: Stark lädiert ist die Karosseriefront, aber der Innenraum ist intakt. Die Belastungen auf den Körper des Fahrers halten sich in Grenzen noch recht weit unterhalb der kritischen Belastungsgrenze, ab der mit schweren bis tödlichen Verletzungen zu rechnen ist.
Übler sieht es für die Insassen des Ford Ka aus. Der Fahrer wird durch eindringende Fahrzeugteile ernsthaft am Kopf verletzt. Die Seite ist an der B-Säule stark eingedrückt. Das Kind im Fond prallt mit dem Kopf gegen den unglücklich platzierten Griff der Ausstellfenster, die Verletzungen wären wahrscheinlich tödlich.
Faltschachtel: Der Frontalcrash
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=7k9KT0q1pqo
Seitlich versetzt (also mit Teilüberdeckung) kollidieren ein Smart Fortwo und ein Fiat Seicento frontal. Beide Fahrzeuge waren mit ca. 50 km/h unterwegs. Auf den ersten Blick offenbaren sich nach dem Crash die Schwächen des weicheren Fiat.
Die Fahrgastzelle des steifer konstruierten Smart bleibt intakt. Kopf- und Brustbereich werden nicht übermäßig belastet, allerdings müsste der Fahrer mit Beckenbrüchen rechnen. Das Kind auf dem Beifahrersitz ist ausreichend geschützt.
Die Fahrgastzelle des Fiat wird sichtbar deformiert. Die Wahrscheinlichkeit einer leichteren Kopfverletzung ist höher, aber die Belastungswerte, die zwar über denen des Smart-Fahrers liegen, sind immer noch nicht im kritischen Bereich. Besser schneidet der Fiat bei den Belastungen auf Brust und Becken ab, vor allem letztere liegen deutlich unter denen, denen der Smart-Fahrer ausgesetzt ist.
Sandwich: Der Auffahrunfall
Hier geht es zum Film:
https://www.youtube.com/watch?v=fC-Nv_k0CIg
Ein typischer Auffahrunfall in der Stadt: die Reiselimousine, ein alter 5er BMW, fährt auf einen noch fahrenden, aber abbremsenden Renault Twingo auf und schiebt ihn in einen vor ihm bereits stehenden Passat Variant, der wiederum durch den Aufprall seinerseits wieder in Bewegung gesetzt wird.
Äußerlich wirkt der Renault relativ wenig beschädigt, die Karosserieverformungen sind eher gering. Die Sitzlehne ist entzwei gebrochen. Der Fahrer erleidet keine schweren Verletzungen (dazu sind die auf den Körper einwirkenden Belastungen zu gering), wahrscheinlich aber ein Schleudertrauma. Der Kleinstwagen wird aufgrund seiner geringen Massen durch den Aufprall von hinten besonders stark beschleunigt, aber nach der Kollision mit dem Kombi auch stark wieder abgebremst.
Hinweise zur Insassensicherheit in Fahrzeugen geben die EuroNCAP-Crashtests.
© 2003 Petra Grünendahl,
Fotos: Petra Grünendahl (5), Dekra/Winterthur (3),
Filme: Dekra (3)
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