Fahrrad-Boom fordert mehr Rücksichtnahme

Foto: TÜV Süd.
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Umweltfreundlich, preisgünstig, schnell: Auf kurzen Distanzen ist das Fahrrad Verkehrsmittel Nummer eins. Auch immer mehr Eltern erledigen den Kita-Transfer mit dem Fahrrad und Anhänger oder Kindersitz. Viele Großstädte hinken jedoch mit der Verkehrsanpassung dem Fahrrad-Boom hinterher. Die Folge: Es wird eng, das Unfallrisiko steigt. Rücksichtnahme ist daher das erste Gebot. TÜV SÜD-Tipps für sicheres Miteinander auf Straße, Radweg und Trottoir.

Stichwort gemeinsamer Verkehrsraum: Seitdem die Benutzungspflicht für Radwege eingeschränkt wurde, nutzen Autofahrer und Fahrradfahrer die Straße wieder öfter gemeinsam. Gekennzeichnete Radwege müssen zwar benutzt werden. Ist aber kein gekennzeichneter Radweg vorhanden, dürfen Radler weiter auf dem rechten Fahrstreifen oder Seitenstreifen unterwegs sein. Die Folge: Dort, wo Radfahrer immer mehr an Terrain gewinnen, wird es eng. Das gilt vor allem zu den Stoßzeiten, in denen zudem viele Eltern und Kinder mit dem Fahrradanhänger unterwegs sind. Blick in die Statistik: Alleine in München ist der Anteil der Fahrradfahrer in den vergangenen Jahren von 10 auf 17 Prozent angestiegen. Zum Vergleich: Der Anteil der Autos am Verkehr liegt bei 31 Prozent. Da hilft nur noch Rücksichtnahme: „Der Trendwende bei der Fortbewegung muss unbedingt auch ein Umdenken in Sachen Straßenbenutzung folgen“, sagt Jürgen Wolz von TÜV SÜD. „Ob Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer – alle haben das gleiche Anrecht aufs Weiterkommen.“

Platz da: Gerade vor dem Hintergrund des Fahrrad-Booms rückt der Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) wieder ins Rampenlicht. Vor- und Rücksichtnahme sind oberstes Gebot. Das gilt gleichermaßen für alle Verkehrsteilnehmer – gerade, wenn sie dieselbe Fahrbahn nutzen. Angepasste Geschwindigkeit, erhöhte Aufmerksamkeit und defensives Fahren, das ist Autofahrern genauso empfohlen wie Radlern. Für alle gilt: Der Stärkere nimmt Rücksicht auf den Schwächeren und lässt ihm die Vorfahrt. Radfahrer sollten das aber nicht als Freibrief zum Missachten aller Regeln nehmen.

Weg hier: Schon seit 2009 müssen Radwege benutzt werden, die durch ein entsprechendes Verkehrszeichen (Radsymbol mit oder ohne Fußgängersymbol auf kreisrundem blauen Schild) gekennzeichnet sind. Ansonsten gilt: Der Radverkehr muss in der Regel die Fahrbahn nutzen. Er darf auch vorhandene Seitenstreifen benutzen. Das gilt für die gleiche Fahrtrichtung. Gegen den Verkehr: Linke Radwege dürfen nur benutzt werden, wenn dies mit dem Schild „Radverkehr frei“ entsprechend erlaubt ist. Wer unerlaubterweise „links“ fährt, zahlt 20 Euro Verwarnungsgeld.

Rot und Grün im Auto-Takt: Bis Ende 2016 müssen Radfahrer nun noch die Fußgängerampel beachten, wenn es auf Radwegen neben Gehwegen keine Fahrradampel gibt. Ab 2017 gelten dann die jeweiligen Ampeln für den Fahrverkehr. Weil die Grün-Phasen für den Fahrverkehr in der Regel länger sind als für Fußgänger, bedeutet das: mehr Vorfahrt für die Fahrradfahrer.

Gegen den Strom: Viele Kommunen geben immer mehr Einbahnstraßen in die entgegengesetzte Richtung für Radfahrer frei. Zudem gibt es ein neues Sackgassenschild, das die Durchfahrtmöglichkeit für Radfahrer anzeigt.

Regeln einhalten: Um nicht sich selbst und andere in Gefahr zu bringen, sollten sich Radfahrer natürlich penibel an die Verkehrsregeln halten. Den Radweg in verkehrter Richtung befahren, bei Rot über die Fußgängerampel fahren oder mit Musik im Ohr durch die Stadt brausen – in manchen Biker-Kreisen gehört das zum (vermeintlich) „guten Ton“. Dies kann jedoch kritische Situationen heraufbeschwören; und im Falle eines Falles den Versicherungsschutz verwirken. Gleiches gilt für das Telefonieren: Auch das ist beim Radfahren ohne Freisprecheinrichtung verboten. Zu den Pflichten der Pedaleure gehört es zudem, ihr Fortbewegungsmittel auf Verkehrssicherheit zu trimmen. Dazu gehört vor allem auch die Beleuchtung: Wer ohne Licht unterwegs ist, zahlt 20 Euro Verwarnungsgeld.
Passive Sicherheit: Und in puncto passive Sicherheit empfehlen sich Kleidung in Signalfarben, Radhandschuhe und ein Helm.

Tipps für Autofahrer
Rückblick ist Pflicht: Beim Rechtsabbiegen ist der Blick in Rück- und Seitenspiegel sowie der Schulterblick zur rechten Seite (toter Winkel) Autofahrer-Pflicht, um nicht einen geradeaus fahrenden Radler zu übersehen.

Parken verboten: Wer am Straßenrand parkt, sollte sich vor dem Öffnen der Beifahrertür vergewissern, dass der angrenzende Radweg wirklich frei ist. Und von parkenden Wagen frei bleiben sollte der Radstreifen auf jeden Fall.

Schneller als gedacht: Beim Einfahren in eine Vorfahrtsstraße nicht nur auf passierende Autos schauen, sondern auch auf Fahrradfahrer aus beiden Richtungen. Und von Letzteren ist mancher viel schneller unterwegs als gedacht. Ein Schwenk in eine Einbahnstraße: Die dürfen Pedaleure nun noch öfter in beiden Richtungen benutzen – daran ist am Autosteuer ebenfalls zu denken.
Abstand ist Pflicht: Ist der Radfahrer auf der Autostraße unterwegs, sollten Autofahrer beim Überholen auf jeden Fall weiter ordentlich Abstand halten. Mindestens eineinhalb Meter Sicherheitsabstand sind vorgeschrieben.

Dusche überflüssig: Ob einzelner Biker oder Gruppe, Büroradler oder Freizeitsportler: Auf die Schmutzwasserdusche verzichten alle gerne. Deshalb bei schlechtem Wetter Extraabstand halten, so der Aufruf von TÜV SÜD an die Autofahrer.

– Presseinfo und Foto: TÜV Süd –