Unfall am Stauende bald Vergangenheit? Fahrerassistenzsysteme retten Leben

Erster Dekra-Safety-Day in Klettwitz

  • Elektronische Systeme müssen dauerhaft zuverlässig funktionieren
  • Prüfbarkeit schon bei Entwicklung und Homologation berücksichtigen
  • Ministerpräsident Woidke: DEKRA wichtiger Wirtschaftsfaktor

Erster Dekra-Safety-Day in Klettwitz: Auffahrunfall am Stauende. Foto: Dekra.
Erster Dekra-Safety-Day in Klettwitz: Auffahrunfall am Stauende. Foto: Dekra.
Fahrdynamikregelung, Abstandsregeltempomat, Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Totwinkel-Assistent und viele weitere Systeme: Alle unterstützen erwiesenermaßen den Fahrer und kompensieren wenn nötig sein Fehlverhalten, um die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten immer weiter zu verringern. Welches Potenzial in den elektronischen Helfern steckt, wurde beim DEKRA Safety Day im DEKRA Automobil Test Center (DATC) in Klettwitz (Brandenburg) mit Crashversuchen, Fachvorträgen und Demonstrationsfahrten deutlich. Unter den Gästen waren Vertreter aus Behörden und der Politik sowie von Polizei, Justiz und Versicherungen. Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte: „DEKRA gehört nicht nur zum Leben vieler brandenburgischer Autofahrerinnen und Autofahrer. Das Unternehmen ist für Brandenburg mit knapp 800 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Und mehr noch: Mit seiner Ansiedlung am Lausitzring hat es zum Strukturwandel in der Region beigetragen. Heute ist Schipkau ein Standort des Motorsports und des automobilnahen Gewerbes.“ Der Ministerpräsident verwies darauf, dass das DEKRA-Areal Preisträger der bundesweiten Kampagne „Deutschland – Land der Ideen“ ist. Woidke: „Besonders in den Bereichen alternativer Kraftstoffe und Elektromobilität hat es sich einen Namen gemacht. Brandenburg kann stolz sein auf diesen Innovationsstandort in der Lausitz.“

Ein Stau auf der Autobahn wie aus dem Nichts: In Gedanken versunken oder beim Telefonieren nähert sich ein Autofahrer mit hoher Geschwindigkeit, kann nicht mehr rechtzeitig abbremsen und rast ins Stauende: Die Folgen eines solchen Unfalls sind meist verheerend, oftmals werden Menschen schwer verletzt oder sogar getötet. Bald könnte ein solches Szenario aber der Vergangenheit angehören. Vorausgesetzt, das herannahende Fahrzeug hat einen Notbremsassistenten, ein „Advanced Emergency Braking System“ (AEBS) an Bord. Im Ernstfall erkennt es den drohenden Auffahrunfall und leitet die automatische Vollbremsung des Fahrzeugs ein.

„Im Hinblick auf das Fernziel der ‚Vision Zero‘, also null Verkehrstote, sind solche Systeme als Elemente der aktiven Sicherheit unverzichtbar und sollten noch eine deutlich höhere Marktdurchdringung erreichen“, sagte Clemens Klinke, Mitglied des Vorstands DEKRA SE und Leiter der Business Unit DEKRA Automotive, beim DEKRA Safety Day. Verschiedenste Untersuchungen und Studien zeigten, dass sich annähernd jeder zweite Unfall vermeiden oder in seiner Schwere reduzieren ließe, wenn neue elektronische Fahrerassistenzsysteme konsequent weiterentwickelt und schnell Serienstandard würden.

Welches Potenzial zur Unfallvermeidung Systeme wie Notbremsassistenten tatsächlich bieten, wurde den geladenen Gästen im DEKRA Automobil Test Center eindrucksvoll demonstriert. Simuliert wurde auf der modernen Anlage ein Autobahncrash, bei dem ein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern ins Stauende fährt. Im Kontrast dazu wurde gezeigt, wie der Notbremsassistent den Unfall verhindert.

Insbesondere auch im innerstädtischen Verkehr haben Notbremsassistenten eine hohe Wirksamkeit und können Menschenleben retten. „Gerade für den Schutz von Fußgängern sind aktive Sicherheitssysteme sehr bedeutsam, indem sie Kollisionen vermeiden können“, betonte Clemens Klinke. „Denn passive Sicherheitsausstattung an Fahrzeugen kann Fußgängern nur sehr begrenzt schützen.“

Für aktive Systeme zum Fußgängerschutz steht im DEKRA Automobil Test Center (DATC) in Klettwitz eigens ein spezieller Prüfstand zur Verfügung. Die im Juli 2013 eröffnete Anlage hat die Form einer Brücke, an der sich unterschiedliche Dummys befestigen lassen, um sich bewegende Fußgänger zu simulieren. Mit dem um 170 Grad drehbaren Brückenarm lassen sich die unterschiedlichsten Szenarien abbilden – egal in welchem Winkel ein Fußgänger die Fahrbahn quert oder ob er am Fahrbahnrand entlanggeht. Damit die getesteten Fahrzeuge unbeschädigt bleiben, wird der Dummy Sekundenbruchteile vor einer möglichen Kollision aus der Gefahrenzone katapultiert.

Mit der Anlage lassen sich Fußgängerschutzsysteme auch entwicklungsbegleitend testen. Der Prüfstand wurde so konzipiert, dass er exakt auf die vom Arbeitskreis „vFSS – vorausschauende Frontschutzsysteme“ aufgestellten Anforderungen für Tests im Hinblick auf Fahrzeugzulassung, Verbraucherschutz oder Versicherungseinstufung zugeschnitten ist. Unter dem Vorsitz von DEKRA haben sich in diesem Arbeitskreis alle deutschen und einige ausländische Autohersteller sowie die Versicherungswirtschaft zusammengefunden. Erklärtes Ziel ist es, die Markteinführung unfallvermeidender Technik voranzubringen und so die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen.

„Wenn im Auto Systeme der aktiven Sicherheit verbaut sind, muss gewährleistet sein, dass sie – wie auch die mechanischen Systeme – über das ganze Fahrzeugleben hinweg zuverlässig funktionieren“, gab Dr. Gerd Neumann, Vorsitzender der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH, im Rahmen des DEKRA Safety Day zu bedenken. Denn nur dann könnten sie auch ihre erhoffte Wirkung entfalten. Der periodischen Fahrzeugüberwachung kommt nach seiner Ansicht daher in Zukunft eine noch größere Bedeutung zu als heute schon. Eine zentrale Rolle übernimmt dabei der zum 1. Juli 2015 eingeführte HU-Adapter. Mit diesem Tool können die Sachverständigen die Ausführung der verbauten Sicherheitssysteme abfragen, aktuelle Sensordaten überwachen und die Funktion, die Wirkung sowie den Zustand der sicherheitsrelevanten Fahrzeugsysteme überprüfen.

Neben Crashversuchen und Fachvorträgen zur aktiven Sicherheit und zum automatisierten Fahren war beim DEKRA Safety Day auch für ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm gesorgt. So hatten die Gäste die Gelegenheit, bei Mitfahrten selbst verschiedene Fahrerassistenzsysteme hautnah zu erleben. Außerdem wurde im Offroad-Gelände des DATC bei Fahrten im Grenzbereich das Potenzial verschiedener Fahrzeugkonzepte gezeigt.

Weiteres Highlight war das vom Robotik und Mechatronik Zentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt entwickelte Elektromobil ROMO. Es ist mit 18 Kameras ausgerüstet und erfasst seine Umgebung im 360-Grad-Rundumblick in 3D. Vom Einzelrad-Antrieb bis zur intelligenten Zentralsteuerung steckt ROMO voller Innovationen. Durch die Einzelradlenkung ist das Fahrzeug zum Beispiel in der Lage, seitlich zu fahren und so bequem in eine enge Lücke einzuparken.

– Presseinfo und Foto: Dekra –