Verkehrswegefinanzierung: Studie bestätigt ÖPP-Skeptiker

Unmittelbar vor der Verkehrsministerkonferenz in Worms (8.-9. Oktober) hat der ACE Auto Club Europa eine wissenschaftliche Studie zu öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) im Straßenbau veröffentlicht. Laut der Studie sind ÖPP „nicht in der Lage, die Instandhaltungs- und Bereitstellungskrise der bundesdeutschen Verkehrsinfrastrukturpolitik zu überwinden.“ Durch die Studie sieht sich der ACE in seiner Einschätzung bestätigt, wonach die ÖPP-Finanzierung kein Modell für die Zukunft ist.

„ÖPP Beschäftigungsprogramm für Anwälte und Unternehmensberater“
In einem Interview mit der Mitgliederzeitschrift ACE LENKRAD sprach der Autor der Studie, Prof. Dr. Alexander Eisenkopf, von einem Interessenskonflikt zwischen den beiden Partnern: der öffentlichen Hand und privaten Investoren. Dieser liege „in der Konstruktion der ‚Partnerschaft‘ begründet“, so Eisenkopf. Der Steuerzahler profitiere nur dann, wenn die höhere Effizienz der privaten Betreiber bei Bau und Betrieb ausreiche, um deren Finanzierungsnachteil auszugleichen, „denn sie werden in der Regel höhere Zinsen zahlen müssen, als der Staat.“ Nach einem Bericht des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2014 verblieben jedoch erhebliche Zweifel, ob ÖPP-Projekte aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu einer Effizienzsteigerung beitragen können. Weitere ÖPP-Projekte sollten daher nur auf den Weg gebracht werden, wenn die entsprechenden Vorbehalte durch unabhängige Untersuchungen überzeugend ausgeräumt wurden.

Darüber hinaus bestehe für den Staat die Notwendigkeit, Konflikte und Auseinandersetzungen möglichst im Vorhinein zu regeln. Dies bedinge „extrem komplizierte Verträge“. ÖPP könnten laut Eisenkopf daher auch als „Beschäftigungsprogramm für Anwälte und Unternehmensberater“ bezeichnet werden.

Auch den Vorschlägen der Gabriel-Kommission („Stärkung von Investitionen in Deutschland“) nach einer neuen Infrastrukturgesellschaft, die Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen aus einer Hand gewährleisten soll, erteilt Eisenkopf in der vorgelegten Form eine Abfuhr. Eisenkopf sieht hierbei die Gefahr einer „Mammutbehörde, deren effiziente Organisation kaum zu gewährleisten ist“. Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE, ergänzt: „Die Idee einer Finanzierungs-Gesellschaft, nach dem Vorbild der österreichischen ASFINAG, ist grundsätzlich richtig. Aber wir brauchen in unserem föderalen Staat schlanke Strukturen mit einer klaren Aufgabenabgrenzung zwischen Bund und Ländern. Dabei sollte eine umfassende Reform des Systems der Auftragsverwaltung vorangetrieben werden.“

Auch die stärkere Beteiligung privater Investoren über einen Infrastrukturfonds mit öffentlichem Auftrag oder einen Bürgerfonds kritisiert Eisenkopf: „Ich verstehe nicht, welche Vorteile eine solche private Beteiligung für das Gemeinwesen und letztlich den Steuerzahler mit sich bringt, außer dass sich lukrative Anlagemöglichkeiten für Versicherungen und Banken eröffnen. Ich bin zudem davon überzeugt, dass ein privates Fondmanagement keine geeigneter Sachwalter öffentlichen Interesses für die Verkehrsinfrastruktur ist“.

Als Alternative zu dem Modell der Expertenkommission des Bundeswirtschaftsministeriums schlägt Eisenkopf in der Studie eine Finanzierungsgesellschaft für die Bundesfernstraßen vor, die sich aus einem umfassenden Mautsystem finanziert. Stefan Heimlich ergänzt: „Aus Sicht des ACE sollten hierbei die Hauptverursacher, also der Güterverkehr, noch stärker in die Pflicht genommen werden.“

Wertverlustuhr überschreitet Marke von 50 Mrd. Euro
Wie schlecht es um die gesamte Verkehrsinfrastruktur in Deutschland bestellt ist, zeigt der digitale Wertverlustrechner Verkehrswege in Deutschland. Der laufende Zähler basiert auf den offiziellen Schätzungen der von der Verkehrsministerkonferenz eingesetzten Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ (Bodewig-Kommission). Er berücksichtigt die bis Anfang 2015 getroffenen Entscheidungen für zusätzliche Investitionen.

– Pressemeldung des ACE Auto Club Europa –