Frontalzusammenstöße: Ein vom ADAC entwickeltes Crashtestverfahren kann die Zahl der getöteten Pkw-Insassen um sieben Prozent senken
Es gibt wieder Hoffnung auf einen deutlichen Rückgang der Verkehrstoten. Das ist das positive Ergebnis von simulierten Autounfällen nach einem vom ADAC entwickelten neuen Crashtestverfahren. Mit diesem lassen sich bei Frontalzusammenstößen zweier Pkw, in der Fachsprache auch Kompatibilitätscrashs genannt, deutlich realitätsnähere Unfallkonstellationen abbilden. Laut ADAC zeigt die Knautschzone vieler Autos bei Unfällen, die vom Standard-Crashtest nach Euro-NCAP abweichen, große Schwächen. Zum Beispiel bei Streifunfällen oder frontalen Baumunfällen, was zu schweren bis tödlichen Verletzungen der Insassen führt. „Deutsche Hersteller könnten noch viel mehr tun, um die Kompatibilität ihrer Autos zu verbessern“, so das wenig schmeichelhafte Urteil der ADAC-Experten. Mit dem neuen Verfahren kann die Zahl der getöteten Pkw-Insassen um bis zu sieben Prozent gesenkt werden, erklären die Unfallforscher des Clubs.
Fazit der neuen Testreihe mit drei Wagen der unteren Mittelklasse: Die beste Karosseriekonstruktion für den Eigenschutz und den Unfallgegner hat der Honda Civic. Der Renault Mégane bietet eine ausreichende Kompatibilität, der VW Golf nur eine mangelhafte. Die aufgezeigten Schwachstellen in der Knautschzone lassen sich nach Meinung des Automobilclubs durch einfache, konstruktive Maßnahmen leicht entschärfen.
Der ADAC empfiehlt aufgrund der Testergebnisse eine Nachbesserung des bestehenden Standard-Crashtests nach EuroNCAP. 2018 könnte das neue Verfahren in das Protokoll des Verbraucherschutztests aufgenommen werden, um die Fahrzeuge in Zukunft noch sicherer zu machen. Die Zahl der Verkehrstoten stagniert seit einigen Jahren trotz Einführung lebensrettender Systeme wie Spurhalte- und Notbremsassistent sowie ABS. Für 2015 geht das Statistische Bundesamt sogar wieder von einem Anstieg der Verkehrstoten aus – um rund zwei Prozent auf 3.450, darunter rund 1.600 getötete Pkw-Insassen. Die Zahl der Verletzten stagniert mit rund 390.000. Auch diese könnte mit dem neuen Verfahren deutlich gesenkt werden.
Im Gegensatz zum Standard-Crashtest nach EuroNCAP fährt das Fahrzeug beim neu definierten Frontalcrash des ADAC nicht mit Tempo 64 gegen eine am Betonblock montierte Barriere, sondern mit 50 km/h gegen einen gleichschnellen Barrierewagen. Die Barriere, an der ein Aluminiumkörper mit Wabenstruktur angebracht ist, simuliert einen rund 1,4 Tonnen schweren Wagen der unteren Mittelklasse. Das Auto wird beim Zusammenstoß seitlich versetzt, mit einer Überdeckung von fünfzig Prozent, getroffen. Nach dem Crash gibt der Abdruck auf dem Aluminiumblock Aufschluss darüber, wie es um die Sicherheit der Fahrzeuginsassen steht. Dank eines neuartigen digitalen Bewertungssystem wird auch erkannt, wie sicher die Konstruktion der Fahrzeugfront für den Unfallgegner ist.
Die Ergebnisse des Kompatibilitätstests im Einzelnen nach den Testkriterien Eigenschutz und Schutz für den Unfallgegner:
- Der Honda Civic hat die beste Knautschzone der getesteten drei Autos. Sie nimmt viel Energie auf und ist damit auch sehr gut für den Unfallgegner.
- Die Knautschzone des Renault Mégane bietet eine ausreichende Kompatibilität. Das Schutzschild hat im äußeren Bereich erhebliche Schwächen.
- Die Kompatibilität des VW Golf ist nur mangelhaft. Das Schutzschild weist deutliche Lücken auf, lokale Überlastungen sind möglich.
Der ausführliche Test ist im Internet unter adac.de/kompatibilitätstest nachzulesen.
– Pressemeldung, Infografik und Film: ADAC –
Foto: Martin Hangen / ADAC