Mobile Senioren sicher auf dem Pedelec: Helm, angepasstes Tempo und Fitness-Check

Ältere Menschen sind sich häufig nicht bewusst, dass ihre oft schwächere Konstitution und das anspruchsvolle Handling der schweren Pedelecs das Unfall- und Verletzungsrisiko erhöhen. Daher empfehlen Orthopäden und Unfallchirurgen einen Helm zu tragen, angepasstes Tempo und regelmäßig einen Fitness-Check. Denn im letzten Jahr ist die Zahl der durch einen Unfall verletzten Pedelec-Fahrer gestiegen, besonders Senioren und Seniorinnen sind gefährdet. „Pedelecs und E-Bikes sind motorisierte Fahrzeuge. Daher sollte bei aller Freude an der Bewegung nicht unterschätzt werden, dass mit einer konstant erhöhten Geschwindigkeit die Anforderungen zunehmen“, sagt Prof. Dr. Benedikt Friemert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) anlässlich der heute veröffentlichten Verkehrsunfallstatistik für 2021 mit 84.125 verunglückten Fahrradfahrern.

Orthopäden und Unfallchirurgen empfehlen für eine sichere Fahrt mit dem Pedelec:

Foto: HUK-Coburg.

  • Tragen eines Fahrradhelms oder Fahrrad-Airbags auch bei kurzen Fahrten
  • Volle Aufmerksamkeit beim Fahren
  • Defensive Fahrweise bei nicht zu hohem Tempo
  • Regelmäßiger Gesundheitscheck zur Prüfung von Sehen, Hören und Reaktionsfähigkeit
  • Prüfung von Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit infolge Medikamenteneinnahme

Pedelecs werden bei Seniorinnen und Senioren immer beliebter, denn Radfahren stärkt die Muskeln und hält die Gelenke beweglich. Außerdem wird der persönliche Radius der Mobilität vergrößert. Mit der elektrischen Unterstützung ist das Fahrradfahren mit weniger Kraftaufwand möglich, man kann sich klimafreundlich fortbewegen und den Bewegungsradius erhöhen. Die Gruppe der älteren Menschen macht einen großen Anteil der Pedelecfahrer aus, gleichzeitig ist sie am meisten gefährdet. „Grundsätzlich ist Eigenverantwortung und ein bisschen persönliche Zurückhaltung gefragt. Dann bleibt der Fahrradspaß mit den Pedelecs auch im Alter noch lange erhalten“, sagt Friemert.

Ältere Fahrradfahrer verunfallen und verletzen sich häufiger. Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen, dass bereits im Alter von 55 Jahren das Risiko steigt, bei einem Fahrradunfall schwer verletzt oder getötet zu werden. Ab dem 75. Lebensjahr ist das Risiko am höchsten. Laut Statistischem Bundesamt verunglückten im Jahr 2021 insgesamt 84.125 Fahrradfahrer bei einem Verkehrsunfall, davon 17.045 mit dem Pedelec. 372 Fahrradfahrer verunglückten tödlich, darunter 131 auf einem Pedelec. Gegenüber 2020 ist die Zahl der Verkehrstoten bei den Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern mit 12,7 Prozent überdurchschnittlich zurückgegangen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Pedelec-Fahrer und -Fahrerinnen, die bei einem Unfall verletzt wurden.

Daten aus dem TraumaRegister DGU® (TR-DGU) zeigen, dass bei schweren Fahrradverletzungen vor allem der Kopf betroffen ist. Doch gerade Senioren sehen oft nicht die Bedeutung des Fahrradhelms für die eigene Sicherheit und verzichten auf das Tragen eines Helms. So liegt die Helmtragequote bei den über 60-jährigen unter 30 Prozent. „Das ist deutlich zu wenig. Viele ältere Menschen überschätzen ihre Kraft, Reaktionsgeschwindigkeit und Kondition. Bei einem Unfall setzen sie sich einer unnötig hohen Verletzungsgefahr aus“, sagt Dr. Christopher Spering, Leiter der DGOU-Sektion Prävention. Denn ein aktivierter Kopfairbag oder ein Fahrradhelm dämpfen die bei einem Unfall auf den Kopf einwirkenden Kräfte, das führt zu weniger schweren Kopfverletzungen. Zudem können tödliche Hirnverletzungen um 60 bis 70 Prozent reduziert werden.

Gerade weil der Verkehr immer dichter und die Fahrradwege immer voller werden, sollten sich fahrradbegeisterte Seniorinnen und Senioren bei einem Umstieg auf ein Pedelec in jedem Fall für einen Medizin-Check entscheiden, auch wenn sie sich insgesamt noch rüstig fühlen. Jedoch können nachlassende Fähigkeiten beim Sehen oder Hören die Reaktionsfähigkeit empfindlich einschränken, so wie auch Medikamente, die starke Nebenwirkungen haben. „Da das Pedelec kein reines Sportgerät, sondern ein Fahrzeug ist, mit dem man aktiv am Straßenverkehr teilnimmt, braucht es angesichts eines dynamischen Umfelds im Straßenverkehr volle Aufmerksamkeit und das Tempo sollte den eigenen Fähigkeiten entsprechen“, sagt Spering.

Gerade weil ältere Menschen in der Regel weniger Körperstabilität und Kraft haben, wirkt sich der Einfluss von höheren Geschwindigkeiten auf die Unfallschwere negativ aus. Da viele Blutverdünner einnehmen, kann es bei Stürzen zu lebensgefährlichen Blutungen kommen. Das Sterberisiko ist bei Älteren, die in Fahrradunfälle verwickelt sind, wesentlich größer ist als bei Jüngeren.

Hintergrund:
Daten aus dem TraumaRegister DGU® (TR-DGU) zeigen: Bei den lebensgefährlich verletzten Fahrradfahrern ist das schwere Schädel-Hirn-Trauma die Hauptverletzung. Das TR-DGU erfasst im Durchschnitt jährlich circa 2.500 Radfahrer, die nach einem Unfall in einem TraumaZentrum der Initiative TraumaNetzwerk DGU® intensivmedizinisch versorgt werden müssen – die meisten schweren Unfälle ereignen sich im Zeitraum von April bis September.

Quellen: Statistisches Bundesamt/destatis, TraumaRegister DGU®
Weitere Informationen: www.dgou.de
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Foto: HUK-Coburg