Steigende Unfallzahlen und mehr Personenschäden mit e-Scootern

Verkehrswidrige Nutzung und Alkohol treiben Unfallzahlen
Von Petra Grünendahl

E-Scooter. Foto: Ernest Ojeh / unsplash.
Mit der Zahl der genutzten e-Scooter (oder e-Roller) steigt die Anzahl der Unfälle, in die diese Fahrzeuge verwickelt sind. Nach Angaben des Statistischen Bundesamt (Destatis) kam es 2022 zu 8.260 (gemeldeten) Unfällen mit e-Scootern, bei denen Menschen verletzt wurden, 1.234 davon schwer. Das waren 49 Prozent mehr als im Jahr zuvor (5.535 Unfälle), wobei es wohl eine große Dunkelziffer geben dürfte. Elf Menschen starben (2021: fünf Todesopfer).
Anteil der e-Scooter-Unfälle an allen Unfällen mit Personenschaden. Infografik: Destatis.
Die meisten der Verunglückten waren eher jünger (über 40 Prozent unter 25 Jahre), häufig hatten sie Alkohol getrunken oder waren falsch auf Straßen und Gehwegen gefahren. Hier kam es auch häufiger zu Kollisionen mit Fußgängern. E-Scooter sind keine Spielzeuge, sondern erreichen ein Tempo von bis zu 20 km/h und stellen damit eine Gefahr für andere dar. Die Gefahren gingen weniger von e-Scootern in Privatbesitz aus, sagen die Unfallforscher des GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft), sondern überwiegend von den überall im Fußgängerraum abgestellten Fahrzeugen der Leihanbieter (Sharing), die jeder mit einer Smartphone-App nutzen kann – ohne Nachweis von persönlicher Eignung oder fundierten Kenntnis der Regeln. Und dass arglose oder in ihrer Sicht eingeschränkte Fußgänger über mitunter achtlos liegen gelassene Fahrzeuge stolpern, ist in den offiziellen Unfallzahlen noch gar nicht berücksichtigt.

 

E-Scooter in Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.
Die Elektro-Roller (e-Scooter) sollten als Teil der Mobilitätswende den Verzicht aufs Auto befördern. Sie sind auch deshalb so beliebt, weil sie ein schnell verfügbares Transportmittel sind. Allerdings werden die in Städten an jeder Ecke abgestellten (Leih-)Fahrzeuge überwiegend dafür genutzt, um nicht zu Fuß gehen zu müssen. Allzu häufig werden sie auch für Trunkenheitsfahrten missbraucht: Bei fast jedem fünften e-Scooter-Unfall war Alkohol im Spiel (18,1 Prozent). Zum Leichtsinn der e-Scooter-Nutzer kämen Regelverstöße, fehlende Sicherheitsausstattung und vielerorts eine unzureichende Verkehrsinfrastruktur, kritisieren Interessenverbände.

 

 
Ausbau der Radinfrastruktur und Ahnden von Verkehrsverstößen

e-Scooter. Foto: JavyGo / unsplash.
Einen E-Scooter fahren darf, wer mindestens 14 Jahre alt ist. Ein Führerschein ist nicht nötig. Benutzt werden müssen vorrangig Radwege oder, wo keine vorhanden sind, Fahrbahnen oder Seitenstreifen. Der Gehweg ist verboten. Auf einem E-Scooter darf immer nur eine Person fahren. Beim Alkohol gelten dieselben Promillegrenzen wie beim Autofahren.

 
„Der TÜV-Verband fordert bereits seit einigen Jahren den Ausbau der Radinfrastruktur, die auch für E-Scooter vorgesehen ist. Und von einer sicheren Fahrradinfrastruktur profitieren auch Fußgänger. Außerdem müssen Einhaltung und Überwachung der Verkehrsregeln im Zweiradverkehr stärker überwacht werden. Denn auch für Kleinstelektrofahrzeuge gelten Verkehrsregeln“, erklärte Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug & Mobilität des TÜV-Verbandes.

 
Eine stärkere Überwachung von Verkehrsregeln im Zweiradverkehr sei dringend nötig, sind sich Interessenverbände einig, denn nicht nur e-Scooter-Nutzer halten sich manchmal wenig an Verkehrsregeln: Auch Radfahrer und Fahrer von Pedelecs oder Lastenrädern überfahren rote Ampeln und fahren mit hoher Geschwindigkeit auf Gehwegen. Der Auto Club Europa (ACE) fordert ein absolutes Alkoholverbot: Hier müssten Sharing-Anbieter in die Pflicht genommen werden, digitale Alkolocks zu integrieren, die alkoholisierten Nutzern das Losfahren unmöglich machen. Die Ausstattung neuer e-Scooter mit Blinkern fordert der Automobilclub ebenso wie eine Helmpflicht für alle Zweiräder, vom Fahrrad bis zum E-Scooter, als einfach umzusetzende Maßnahme, die Menschenleben rettet. Unfallforscher schlagen zudem technische Eingriffe vor, um die Höchstgeschwindigkeit der GPS-überwachten Elektrofahrzeuge z. B. in Fußgängerzonen oder Parks zu drosseln oder die Durchfahrt ganz zu unterbinden (Geofencing). Eine Helmpflicht ebenso wie Blinker und eine angemessene Beleuchtung fordert auch die Deutsche Verkehrswacht. Sie bietet zudem eScooter-Trainings und allgemeine Informationen über die sichere und regelkonforme Nutzung an.

 
Angesichts der steigenden Zahlen von an jeder Ecke zurück gelassenen Elektro-Rollern haben bereits erste Städte feste Abstellplätze eingerichtet und ein freies Abstellen irgendwo im Stadtgebiet verboten. Städte und Gemeinden fordern, die Leihanbieter für die Nutzung ihrer kommunalen Verkehrsflächen ebenso wie für Verstöße stärker in die Pflicht nehmen zu können.

 

 
Fazit

e-Scooter. Foto: Let’s kick / unsplash.
Die Nutzung von e-Scootern muss sicherer werden: Für e-Scooter-Fahrer ebenso wie für andere Verkehrsteilnehmer (insbesondere Fußgänger). Dazu gibt es eine Reihe von Vorschlägen, über deren Umsetzung sich auch die Kommunen (Infrastruktur) ebenso wie der Gesetzgeber (Helmpflicht und Verpflichtung zu technischer Ausstattung) Gedanken machen sollten. Und solange keine Fahrerlaubnis erforderlich ist, muss man halt für die Kenntnis von Verkehrsregeln ebenso werben wie für ein Fahr-Training, welches mit Sicherheit nicht nur für e-Scooter, sondern auch für Pedelecs und Lastenfahrräder wünschenswert wäre.

 
© 2023 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (1), Ernest Ojeh / unsplash (1), JavyGo / unsplash (1), Let’s kick / unsplash (1), Destatis (Infografik)