Aufgespießt: Sinn und Unsinn einer Verordnung
Von Petra Grünendahl

Nach der Katastrophe auf der Loveparade 2010, die 21 Menschen das Leben und viele Hunderte die Gesundheit kostete, sind die Sicherheitsbestimmungen für Großveranstaltungen verschärft worden. Ausbaden darf die Fehler, die bei den Sicherheitsanforderungen auf der Loveparade gemacht wurden, das Brauchtum und der Karneval. Vielerorts stehen Umzüge und Freiluftfeiern auf der Kippe – und wenn sie stattfinden, werden sie deutlich teurer. Da bekommt der Karnevalshit „Wer kann das bezahlen?“ eine ganz neue Bedeutung.
Die Parallelen zwischen der Loveparade und Karnevalsumzügen sind ganz offensichtlich … nicht gegeben. Wenn die Loveparade in Duisburg wie frühere Loveparades in Berlin und im Ruhrgebiet als Umzug durch die Stadt gelaufen wäre, wäre es nicht zur Katastrophe gekommen. Ausreichende Fluchtmöglichkeiten wären vorhanden gewesen, und selbst eine Massenpanik hätte kaum ein Tottrampeln von Menschen zur Folge gehabt.

Mehr Ordner werden auf den Umzügen jetzt verlangt, obwohl mit der bisherigen Anzahl nie wirklich was passiert ist. Der großen Altweiberparty auf dem Walsumer Kometenplatz (Duisbsurg) drohte das Aus, weil die verlangen Absperrungen (!) des Partygeländes für die Veranstalter kaum zu bezahlen sind. Wobei solche Absperrungen und das Einpferchen von Menschen bei der Loveparade ja genau das Problem war: die fehlenden Fluchtwege, als es zu eng wurde.

Passiert ist die Katastrophe bei der Loveparade, weil die Feiernden auf einem Gelände eingepfercht werden sollten und nur enge Zugänge ohne Fluchtwege auf das Partygelände führten. Zumal die Rampe hinter den Tunnel künstlich noch weiter verengt worden war. Einen geordneten Menschenzufluss, der aus zwei Tunnel kommt, hätte man auf dieser Rampe auch ohne diese Verengung nie große Rückstaus bewältigen können. Zumal die Leute, die das Partygelände bereits verlassen wollen, über genau diese Rampe und durch die Tunnel gegen die Menschenmassen das Gelände verlassen mussten.

Eingepfercht wurden die Menschen auf dem alten Güterbahnhofsgelände, das nur für 250.000 Menschen zugelassen war. Gerechnet wurde aber zumindest inoffiziell mit der doppelten Menge – und morgens wurde über die Medien verbreitet, man rechne mit 1,5 Mio. Menschen.

Stattfinden sollte diese Loveparade nicht – wie frühere – in der Stadt. Zum einen sind die Straßen in der Innenstadt zu eng. Aber man wollte sich auch nicht die Innenstadt verdrecken lassen. Die Berliner wussten, warum sie die Loveparade nicht mehr haben wollten. Das konnte die Stadtspitze ihren Bürgern nicht zumuten. Zumal den Duisburgern insgesamt die große Techno-Party ohnehin ziemlich egal war. Die Stadtspitze wollte sich im Kulturhauptstadtjahr im Erfolg der Veranstaltung sonnen – koste es, was es wolle! Und dafür musste passend gemacht werden, was nicht passen konnte. Warnungen hatte es im Vorfeld genug gegeben: Ein einziger Ein- und Ausgang, die Leitung der Besucherströme durch lange dunkle Tunnel. Aber hinterher wollte es keiner gewesen sein: Die Verantwortlichen wussten von keinen Bedenken und hatten ja auch nichts unterschrieben. Noch heute laufen diese Aussagen als Running-Gags durch die Leserkommentare der örtlichen Presse sowie in den lokalen Internet-Foren wie Duisblog oder der Initiative Duisburg21 …

Die Fehler bei der Loveparade in Duisburg auf der einen Seite und die Sicherung von Karnevalsumzügen (oder anderen Brauchtumsumzügen) auf der anderen Seite sind wie Äpfeln und Birnen – und damit nicht zu vergleichen. Zumal sich die Gesundheitsgefahren für die Feiernden in Karneval und Brauchtum bislang eher in bescheidenen Grenzen hielten. Von Massenpaniken mit Toten und Verletzten haben wir bei solchen Feiern jedenfalls noch nichts gehört!

© Februar 2011 Petra Grünendahl