Nach einem Unfall kann der Geschädigte den Schadenersatz direkt von der Autohaftpflichtversicherung des Unfallverursachers verlangen. Er ist nicht darauf angewiesen zu warten, bis der Verursacher den Schaden meldet. Man sollte sich umgehend telefonisch oder schriftlich mit der örtlichen Niederlassung der gegnerischen Versicherung in Verbindung setzen – auch um der Versicherung die Möglichkeit zu geben, den Wagen schnellstmöglich von einem Kfz-Sachverständigen begutachten zu lassen – sie muss es nicht tun, hat aber das Recht dazu! Die Kosten für dieses Gutachten trägt die gegnerische Versicherung. Das Angebot der Versicherung, dem Geschädigten die Regulierung komplett abzunehmen (aktives Schadenmanagement), sollte man als Geschädigter auf jeden Fall ablehnen! Die gegnerische Versicherung ist nämlich nicht daran interessiert, dem Geschädigten alle berechtigten Ansprüche zu erfüllen, sondern in erster Linie daran, den Schaden für sich selber möglichst kostengünstig abzuwickeln.

Wenn der Unfallgegner die Auskunft über seine Versicherung verweigert, kann man die notwendigen Daten über den Zentralruf der Autoversicherer (Telefon 01802 / 5026) abrufen. Außer der eigenen Anschrift ist das Kennzeichen des gegnerischen Fahrzeugs, Name und Anschrift des Halters sowie das Unfalldatum anzugeben. Über den Zentralruf der Autoversicherer gibt es auch Auskunft über im Ausland versicherte Kraftfahrzeuge (für alle EU-Mitgliedsstaaten sowie Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz) bzw. nennt man den in Deutschland ansässigen Beauftragten der ausländischen Versicherung. Weiterhelfen kann aber auch direkt das
Deutsche Büro Grüne Karte, Postfach 10 14 02, 20009 Hamburg, www.gruene-karte.de,
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Wenn die Schadenhöhe möglicherweise den Wiederbeschaffungswert übersteigt, sollte man einen Gutachter beauftragen. Eine Reparatur wird nämlich nur dann erstattet, wenn die Reparaturkosten nicht unverhältnismäßig über dem Wiederbeschaffungswert liegen. Bis zu 30 Prozent mehr als der Wiederbeschaffungswert werden erstattet, wenn der Geschädigte den Wagen reparieren lässt und ihn weiter nutzt. Ansonsten wird nur nach Gutachten abgerechnet: Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert. Man spricht dann von einem wirtschaftlichen Totalschaden. Und sollte die Versicherung den vom Gutachter veranschlagten Restwert als zu niedrig ansehen, dann ist auch hier der Gang zum Anwalt unumgänglich.

Spricht nichts dagegen, den Wagen reparieren zu lassen, kann sich der Geschädigte die Werkstatt aussuchen, wo er den Schaden beheben lässt – zumindest dann, wenn er sich nicht vom Schadenmanagement der gegnerischen Versicherung die Werkstattwahl hat abnehmen lassen. Damit man die Reparaturkosten beim Abholen des Fahrzeugs aus der Werkstatt nicht aus eigener Tasche vorstrecken muss, unterschreibt man der Werkstatt eine Reparaturkosten-Übernahme-Erklärung (hieß früher Abtretungserklärung), auf Grund derer die Werkstatt den Schaden direkt mit der Versicherung abrechnen kann.

Wurde bei dem Unfall eine Person mehr als nur geringfügig verletzt oder gar getötet, dann sollten die Angehörigen einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen. Der beauftragte Rechtsanwalt sollte auf Verkehrsrechts spezialisiert sein, aber auf gar keinen Fall für Versicherungen tätig sein (selbst wenn es nicht unbedingt die Gegnerische ist), da ein solcher nicht die Interessen von Unfallopfern und Geschädigten vertritt! Die Kosten für den Anwalt übernimmt die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers.

Beifahrer im Fahrzeug des Unfallverursachers, die verletzt wurden, sollten ggf. einen Anwalt einschalten: Die Haftpflichtversicherung des Verursacherfahrzeugs muss nämlich auch verletzte Insassen dieses Fahrzeugs entschädigen, sofern sie nicht Fahrer, Halter oder Eigentümer des Fahrzeugs oder Versicherungsnehmer der zugehörigen Kfz-Haftpflichtversicherung sind. Diese Personen (Fahrer, Halter oder Eigentümer des Fahrzeugs oder Versicherungsnehmer) sind nämlich der versicherte Personenkreis, gegen den Ansprüche aus dem Betrieb des Kraftfahrzeugs geltend gemacht werden können, die von der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung abgedeckt sind. Diese Personen können also im Schadenfall keine Ansprüche gegen sich selber geltend machen.

Auch wenn man sich am Unfallort nicht über die Schuldfrage einigen kann, sollte man seiner Versicherung den Zwischenfall melden. Dies gilt selbst dann, wenn man meint, der andere wäre allein Schuld. Die Versicherung regelt nämlich nicht nur berechtigte Ansprüche von Geschädigten, sondern wehrt auf ihre Kosten unberechtigte Ansprüche ab, ohne dass der Versicherungsnehmer seinen Schadenfreiheitsrabatt verliert.

Bei Schäden durch unversicherte Fahrzeuge, bei Fahrerflucht oder bei vorsätzlicher Handlung des Verursachers tritt keine Versicherung für den Schaden ein, sondern die
Verkehrsopferhilfe e.V., Postfach 10 65 08, 20044 Hamburg, www.verkehrsopferhilfe.de,
Telefon 030 / 2020-5858, Telefax 030 / 2020-5722, voh@verkehrsopferhilfe.de.
Bei Unfällen mit Fahrerflucht gelten gewisse Einschränkungen. Grundsätzlich übernimmt die Verkehrsopferhilfe Schäden bis zur Höhe der gesetzlichen Mindestdeckungssummen (bis zu 2,5 Millionen Euro für Personenschäden, bis zu 7,5 Millionen Euro bei Verletzung oder Tötung von drei oder mehr Personen, bis zu 500.000 Euro für Sachschäden).
Bei Unfällen mit Fahrerflucht werden Schäden am Fahrzeug nicht ersetzt. Von sonstigen Sachschäden (Kleidung, Ladung, Gepäck) nur, was über 500 Euro hinausgeht. Schmerzensgeld wird nur bei besonderer Schwere der Verletzung gezahlt.
Die Verkehrsopferhilfe übernimmt mittlerweile auch die Regulierung von Unfällen im Ausland und hilft Verkehrsopfern bei Unfällen in der Funktion als Entschädigungsstelle nach der 4. KH-EG-Richtlinie.

Nicht allein die Haftpflichtversicherung des Unfallschuldigen tritt für die Schäden ein. Auch gegen andere Versicherungen können Sie unter Umständen Ansprüche geltend machen.
Je nach Lage des Falles müssen informiert werden:
– Kaskoversicherung
– Insassenunfallversicherung
– Rechtsschutzversicherung
– Schutzbriefversicherung
– Private Unfall- oder Lebensversicherung
– Arbeitgeber
– Gesetzliche oder private Krankenversicherung
– Gesetzliche Rentenversicherung
– Gesetzliche Unfallversicherung

An Universitäten und Hochschulen sollte man sich übrigens auch beim Studentenwerk mal schlau machen, ob eine private Gruppen-Unfallversicherung abgeschlossen wurde (Beitrag des Studenten ist dann in den Semestergebühren enthalten), die evtl. in Anspruch genommen werden kann.

© 2008 Petra Grünendahl