Von Petra Grünendahl


Bereits seit den frühen Käfer-Tagen gab es Leute, die ihrem Krabbeltier mehr Beine machen wollten. Seine 25 oder 30 PS waren für knapp 100 bis 110 km/h gut. Mehr Speed war da auch einer der Gradmesser für mehr Individualität beim Volksauto der Wirtschaftswundertage.

Auch wenn Autos heute ungleich stärker motorisiert sind: Der Wunsch nach mehr Leistung ist nicht weniger geworden. Das gilt auch nicht nur für die Topmotorisierungen der einzelnen Baureihen, sondern quer durch die ganze Motorenpalette. Motortuning bedeutet schließlich eine Form der Individualisierung, mit der man sich vom Serienprodukt abheben kann.

Leistungssteigerungen werden oft in PS (oder in kW) angegeben. Der PS-Zuwachs ist aber für die Leistungssteigerung unerheblich. Wichtig ist der Drehmomentzuwachs und der Verlauf der Drehmomentkurve! Mehr Drehmoment im unteren Drehzahlbereich, eine insgesamt gleichmäßigere Kurve mit hohem Drehmoment über das gesamte Drehzahlband und mehr Drehmoment in der Spitze – das sind die Leistungszuwächse, die der Kunde erfährt.

Wo liegen die Möglichkeiten und wo die Grenzen?
Frühere Saugmotoren waren rein mechanisch aufgebaut, so dass man ihnen mit relativ einfachen Mittel mehr Leistung einhauchen konnte. Die klassische Palette der Leistungssteigerungen reichte von der Hubraumerweiterung durch das Aufbohren der Zylinder über schärfere Nockenwellen bis hin zu geänderter Luftführung und Fächerkrümmern.

Moderne Saugmotoren sind absolute High-Tech-Aggregate. Was früher machbar war, ist heute nur unter großem Aufwand (zu entsprechend hohen Kosten) oder technisch gar nicht mehr möglich. „Das sind Kosten, die der Kunde für die geringe Leistungsausbeute nicht zu zahlen bereit ist“, erklärte Rainer Vogel, Geschäftsführer des Tuning-Bereichs von Kohl Automobile in Aachen mit den Tunern AC Schnitzer und Steinmetz. Die beiden renommierten Tuner von BMW- bzw. Opel-Fahrzeugen bieten beide ein komplettes Tuningprogramm für ihre jeweilige Modellpalette inklusive Leistungssteigerungen aus eigener Entwicklung an. Die Motoren-Entwickler von AC Schnitzer arbeiten dabei mit der Firma Herbert Schnitzer in Freilassing zusammen, diejenigen bei Steinmetz mit anderen Entwicklungspartnern. Dabei folgen die Aachener Tuner zwei Grundsätzen: Genauso gut oder besser als das Serieprodukt wollen sie sein, aber die Kosten-Nutzen-Rechnung muss für den Kunden dabei stimmen.

Die klassische Hubraumerweiterung fällt da in der Kosten-Nutzen-Rechnung glatt durch: der technische Aufwand und die Neuentwicklung von Bauteilen lassen die Maßnahme zu teuer werden. „Außerdem sind speziell die BMW-Motoren von der Bohrung und vom Hub ohnehin so am Limit, dass hier kaum noch was geht“, sagte Dirk Löhr. Er ist als Werkstattleiter Tuning bei Kohl Automobile mit verantwortlich für das Motorentuning. „Man kriegt vielleicht 100 oder 200 ccm mehr, aber die bringen nicht die Leistung, um den Aufwand zu rechtfertigen“, führte er fort.

„Schärfere Nockenwellen sind heute auch kein Weg mehr für spürbar mehr Leistung. Der Fahrkomfort leidet und die Leistungsausbeute ist keinesfalls zufriedenstellend: Zwar gibt es mehr Drehmoment, aber nur in der Leistungsspitze. Im unteren Drehzahlbereich ist das Drehmoment zu schwach“, meinte Löhr. Die variable Nockenwellensteuerung von BMW sei ohnehin nicht zu verbessern.

Ausgedient hat auch der Fächerkrümmer: Durch die Katalysator-Technik ist der Einbau gar nicht mehr möglich, weil die Katalysatoren immer näher an den Motor herangerückt sind, um die heutzutage erforderlichen Abgaswerte zu erreichen. Eine Änderung des Motorsteuergeräts (Chiptuning) bringt beim Saugmotor auch nur eine geringe Leistungssteigerung und lohnt sich damit für den Kunden nicht.

Beim Saugmotor favorisieren sowohl Steinmetz als auch AC Schnitzer für ihre jeweiligen Saugmotoren Kompressorlösungen. Ein Kompressor mit viel Ladedruck wird auf den Saugmotor aufgesetzt. Die Verdichtung wird nicht geändert, weil das hieße, den Motor zu zerlegen und den Aufwand damit in die Höhe zu treiben. Der Dreiliter-Sechszylinder von BMW wird bei AC Schnitzer von 231 PS auf 295 PS gesteigert, das Drehmoment von 300 Nm bei 3.500/min. auf 380 Nm bei 4.800/min. – mit einem besseren Drehmomentverlauf über das gesamte Drehzahlband. Mehr ist damit aber nicht machbar, knappe 30 Prozent sind die Grenze, alles was darüber geht, ist nur über Veränderungen am Motor machbar und das kostet den Motor Lebensdauer und den Kunden mehr Geld. Zusätzlich zum Kompressoreinbau werden Steuergerät und Saugrohr angepasst, beim Schaltgetriebe die Kupplung verstärkt, weil größere Kräfte übertragen werden. Motoren von AC Schnitzer, aber auch von Steinmetz müssen wegen der Leistungssteigerung mit 98 Oktan gefahren werden, trotz Klopfregelung.

Bei Turbomotoren – das gilt für Diesel wie für Benziner – ändern die Aachener Techniker die Steuergeräteprogramme: Der Ladedruck wird erhöht und dafür sorgt, dass der Ladedruck in einem früheren Drehzahlbereich zur Verfügung steht. Gute 18 – 20 Prozent möglich, ohne Lebensdauer zu beeinträchtigen. Möglichkeiten der Leistungssteigerung bestehen auch mit anderen Ladern und anderen Auspuffanlagen, aber hier stimmt, so Vogel, das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht. Außerdem sind da ohnehin Grenzen gesetzt, denn der Ladedruck kann nicht groß erhöht werden. Eine ausreichende Leistungssteigerung wird allerdings mit dem geringsten Aufwand über einfaches Chiptuning erreicht. Beim Turbo-Benziner wird das vorhandene Steuergerät ausgebaut und neu programmiert. Beim Turbodiesel wird nicht das Steuergerät geändert, sondern ein zusätzliches Steuergerät eingebaut. Das vereinfacht die Montage, weil das vorhandene Steuergerät nicht ausgebaut und umprogrammiert werden muss. Da das Tuning meist über Opel- oder BMW-Händler vor Ort beim Kunden läuft, ist diese Variante einfacher: Er kriegt nur das neue Steuergerät, welches er dann im Kundenfahrzeug einsetzt.

Abgasnorm und GarantienEin Problem besteht beim Motorentuning grundsätzlich: Das Abgasverhalten darf sich nicht ändern. „Wenn der Serienmotor mit D4/EU4 eingestuft ist, können wir dem Kunden nicht weniger verkaufen. Das akzeptiert er nicht“, stellte Rainer Vogel klar. „Also orientieren wir uns am Standard der Hersteller.“ Will heißen: Nie schlechter als Serie, eher besser!

AC Schnitzer und Steinmetz übernehmen für ihre Umbauten die Garantien/Gewährleistungen der Hersteller für Motoren und Antriebsstrang. Wenn der Tuner für seine Tuninglösungen keine Gewährleistung übernimmt: Finger weg!

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© 1998-2002 Petra Grünendahl

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