Goldener Dieselring des VdM 2024 für Mediziner und Unfallursachenforschungs-Experten Dr. Wolfram Hell

Verleihung des Goldenen Dieselrings des VdM (v. l.): Laudator Professor Andre Seeck, Dieselringträger Dr. Wolfram Hell, VdM-Vorsitzender Werner Bicker. Foto: Ina Strohbücker / VdM.
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Den Goldenen Dieselring des Verbandes der Motor- und Mobilitätsjournalisten (VdM) erhält in diesem Jahr Dr. Wolfram Hell. Der approbierte Arzt und Spezialist für Traumabiomechanik wird damit für sein großes Engagement für die Erforschung von Unfällen und ihren Ursachen und damit für die Rettung von Menschenleben im Straßenverkehr sowie die Erhöhung der Verkehrssicherheit geehrt. Die feierliche Übergabe des Goldenen Dieselrings an Dr. Wolfram Hell fand am 6. Juni im Rahmen eines Galaabends im Bischoff DEKRA Club-Restaurant in Stuttgart statt.

Seit 40 Jahren hat er sich der Unfallursachenforschung als seinem Herzensprojekt verschrieben: der heute 65-jährige Mediziner Dr. Wolfram Hell. Für seine Verdienste und sein großes Engagement auf diesem Gebiet wurde Hell jetzt vom Verband der Motor- und Mobilitätsjournalisten mit dem Goldenen Dieselring im Rahmen einer Galaveranstaltung bei der DEKRA in Stuttgart ausgezeichnet. In einer launigen und kurzweiligen Laudatio wies Professor Andre Seeck, Vizepräsident der BASt. (Bundesanstalt für Straßenwesen) auf die vielen privaten und beruflichen Stationen des Geehrten hin.

Bereits als angehender Mediziner entschied sich Wolfram Hell 1984 für eine Promotion bei BMW zum Thema Motoradunfälle mit der Aufgabenstellung, künftig Verletzungen und Unfälle in diesem Bereich zu reduzieren und damit die Motorradmobilität sicherer zu gestalten. Anschließend war Hell zwölf Jahre Bereichsleiter Biomechanik und Medizin am Institut für Fahrzeugsicherheit München IFM (Prof. Danner, Prof. Langwieder) sowie 14 Jahre Leiter der Abteilung Biomechanik und Unfallanalyse am Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.

Botschafter der Vision Zero
Seit 2016 ist der Mediziner Präsident der gmttb: Gesellschaft für Medizinische und Technische Traumabiomechanik e.V. (D-A-CH), seit 1995 im Vorstandsausschuss des DVR Erste Hilfe und Verkehrsmedizin und hat am Verkehrssicherheitsprogramm 2030 der Bundesregierung mitgewirkt. Sein Spezialgebiet ist die biomechanische Unfallforschung und Prävention. Ein Schwerpunkt liegt bei der Erforschung von HWS-Distorsionsverletzungen (drei EU-Forschungsprojekte). Hier wurde mit Hilfe von Freiwilligenversuchen ein weiblicher HWS-Dummy (BIORID) entwickelt. Weitere Highlights in Hells beruflichem Leben sind der aktuelle Fahrzeugsitz- und Kopfstützen-Teststandard IIHS und der Euro-NCAP, die er initiiert und mitgestaltet hat. Darüber hinaus wurden unter seiner Initiative Kindersitz- und Fahrradhelm-Teststandards optimiert. In Großzahluntersuchungen hat Hell außerdem typische Verletzungsmuster bei Pkw-Kollisionen herausgearbeitet. Weitere Untersuchungen betrafen die Verletzungsmuster von Fußgängern, Fahrradfahrern, Motorradfahrern und Lkw- und Businsassen. Der renommierte Unfallursachenforscher verfügt zudem über langjährige Erfahrung in Gerichts- und Versicherungsgutachten bei Unfällen. Hell ist darüber hinaus Botschafter der schwedischen „Vision Zero“ in D-A-CH sowie in Indien und den VAE und engagiert sich bei der Verkehrsopferhilfe Deutschland VOD.

Interdisziplinärer Ansatz gefordert: Nur gemeinsam stark
Ein Kernanliegen im Bereich der Unfallursachenforschung ist dem Mediziner seit jeher das Zusammenspiel von Mensch, Fahrzeug und Umfeld und damit die ganzheitliche interdisziplinäre Betrachtung und Vernetzung dieser Bereiche. Hell: „Es gilt, den Menschen von der Medizin und Psychologie her, aber auch mit Blick auf Alkohol und Drogen in den Fokus zu rücken; das Fahrzeug muss in puncto Sicherheitsgurte/Airbags und steifer Fahrgastzelle fokussiert werden und schließlich heißt es, das Umfeld in Bezug auf Straßenbau und Straßenarchitektur unter die Lupe zu nehmen. Sämtliche Elemente sind hochrelevant, wenn es darum geht, Unfälle zu verhindern.“ Hells großer Wunsch bezüglich der Verkehrssicherheit ist jetzt die Erstellung einer Schwerstverletzten-Datenbank, aus der stichprobenartig Querschnittsgelähmte oder Koma-Patienten beispielsweise nach Pkw-Unfällen erfasst werden können, um zu prüfen, warum es dazu kommen musste und wie es mit einfachen, bezahlbaren Mitteln verhindert hätte werden können. Ein weiterer Herzenswunsch, um die Zahl der Verkehrstoten mit Hilfe vernünftiger Sicherheitsmaßnahmen weiter deutlich zu reduzieren, ist für Hell beispielsweise eine Trennung mit Mittelleitpfosten auf Landstraßen wie in Schweden mit minus 90 Prozent der Verkehrstoten durch diese Maßnahme.

Erfindungen in puncto Sicherheit für alle verfügbar machen
Auch in Zeiten zunehmender Fahrerassistenzsysteme und autonom fahrender Autos hat für Hell das Thema Verkehrssicherheit nach wie vor oberste Priorität. So sei bei den unter 40-jährigen Deutschen die häufigste Todesursache der Verkehrsunfall. Gerade angesichts der Gefahren durch SMS und WhatsApp im Straßenverkehr müsse dringend eingegriffen und überlegt werden, wie Telefone während der Fahrt analog zur Fliegerei in den Flugmodus geschaltet werden können. Sein eindringlicher Appell an die Branche bezüglich der Sicherheit: „Ich bin überzeugt, dass jede einzelne Erfindung in Sachen Sicherheit, wie seinerzeit der Polio-Impfstoff des Immunologen Jonas Salk, für alle weltweit freigegeben werden sollte. Sprich, Sicherheitssysteme sollten nicht nur gegen Aufpreis erhältlich sein und weltweit sollten alle Fahrzeuge den gleichen Sicherheitsstandard besitzen. Sicherheit hat schließlich mit Menschenleben und -würde zu tun – und beides ist unantastbar.“

Der goldene VdM-Dieselring wird seit 1955 alljährlich an herausragende Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Verkehrssicherheit verdient gemacht haben. Der Ring, in dem ein Splitter des ersten Versuchsmotors von Rudolf Diesel aus dem Jahre 1893 eingearbeitet ist, symbolisiert auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, der sich die VdM Mitglieder verpflichtet fühlen.
Verband der Motorjournalisten e.V. (VdM)
Foto: Ina Strohbücker / VdM