Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) testet für EuroNCAPChancen und Risiken der Elektromobilität
Elektromobilität ist zur Zeit in aller Munde. Viele Leute sehen sie als Heilsbringer für die Zukunft angesichts der Endlichkeit fossiler Energieträger. Andere sind eher skeptisch – und das aus mehreren guten Gründen (zu teuer, zu geringe Reichweite etc.). Zum ersten Mal war 2011 ein reines Elektroauto unter den bewerteten Fahrzeugen im EuroNCAP. Es wurde mit vier Sternen bewertet.
Über Chancen und mögliche Risiken der Elektromobilität ebenso wie über die aktuellen Ergebnisse des EuroNCAP und ihre Bedeutung haben wir uns bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in Bergisch Gladbach informiert. Die BASt vertritt das Bundesverkehrsministerium im EuroNCAP-Konsortium. Zwölf Mitglieder gehören dem Konsortium an, davon mit der BASt und dem ADAC zwei deutsche.
Aufgaben der BASt
Die Fahrzeugsicherheit ist eine der großen Aufgaben der BASt. Als technisch-wissenschaftliches Institut erarbeitet sie Kriterien für die Reglementierung von Technik und Verkehr. Basis sind eigene Forschungsarbeiten ebenso wie Gutachten über externe Forschung. So werden zum Beispiel Forschungsergebnisse sowie daraus entwickelte Systeme der Automobilhersteller evaluiert und unabhängig bewertet. Damit unterstützt die BASt das Bundesverkehrsministerium, dem sie untersteht, und gibt dem Gesetzgeber wertvolle Entscheidungshilfen. In Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen und der Industrie erarbeitet die BASt Vorschriften, die das technisch Mögliche zulassungsfähig machen.
Elektromobilität birgt besondere Risiken
Elektromobilität kann Mobilitätsprobleme angesichts der Endlichkeit fossiler Energieträger lösen helfen. Und sie macht aus Klimaschutzgründen dann einen Sinn, wenn die Elektrizität aus regenerativen Quellen (Wind, Sonne, Wasser) stammt. Denn nur dann werden auch bei ihrer Erzeugung keine klimaschädlichen Gase emittiert. Aber sowohl im Betrieb als auch bei einem Unfalls birgt ein reines Elektroauto andere Gefahren als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Die Batterie verfügt über eine deutlich höhere Spannung als konventionelle Fahrzeug-Batterien mit 12 Volt. Die Batterie muss also ganz anders isoliert und im Falle eines Unfalls abgeschaltet werden, so dass weder Insassen, Außenstehende noch Rettungskräfte einen Stromschlag bekommen. Auch sollten austretende Stoffe, wie zum Beispiel Batteriesäure, niemanden gefährden. Dass Elektromobile zu leise sind, ist als Problem erkannt, wird aber im EuroNCAP nicht mitbewertet. Nach den Kriterien des EuroNCAP wurde mit dem Mitsubishi i-MiEV erstmals ein Voll-Elektrofahrzeug auf seine Sicherheit überprüft – unter identischen Bedingungen wie konventionelle Fahrzeuge, aber natürlich mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen für die Tester. Der i-MiEV sowie seine technischen Zwillinge Citroen C-Zero und Peugeot iON erreichten vier Sterne. Die hohe Brustbelastung beim seitlichen Pfahl-Crash kostete den fünften Stern, in allen anderen Bereichen bewegt sich das „e-Auto“ auf Fünf-Sterne-Niveau. Die Komponenten des Elektroantriebs führten dabei zu keinerlei Punktabzügen. „Egal, ob vier oder fünf Sterne: Diese Fahrzeuge befinden sich auf einem hohen Sicherheitsniveau“, betonte Andre Seeck, Leiter der Abteilung Fahrzeugtechnik und Präsident von EuroNCAP. Kritisch sind Fahrzeuge, die drei Sterne oder sogar noch weniger erreichen.
Anforderungen im EuroNCAP steigen
Seit 2009 gibt es im EuroNCAP eine Gesamtwertung, in die Insassenschutz, Kindersicherheit, Fußgängerschutz und serienmäßig vorhandene Fahrassistenzsysteme einfließen. Die Neuordnung der Bewertungskriterien war nötig geworden, weil sich manche Hersteller auf den Insassenschutz konzentrierten. Die berühmten FÜNF Sterne, mit denen damals vor allem von Franzosen gerne geworben wurde, bezogen sich immer auf den ersten von drei Wertungsbereichen. Dabei vernachlässigten die Fahrzeugentwickler andere Kriterien bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge, die Verkehrssicherheitsexperten mindestens genauso wichtig waren.
Jetzt gibt es nur noch eine Gesamtwertung, in die vier Bereiche einfließen. Wer jetzt fünf Sterne will, muss in allen vier Bereichen top abschneiden. Zumal der Gesetzgeber (nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit) zum Beispiel schon länger steigende Anforderungen an den Fußgängerschutz stellte, um die Anzahl der Verkehrstoten spürbar zu senken. Die Neuordnung der Bewertungskriterien förderte auch die serienmäßige Ausstattung mit Fahrassistenzsystemen, die nachweislich Unfallzahlen verringern.
Allerdings sind fünf Sterne im EuroNCAP von 2009 nicht gleich viel wert wie fünf Sterne 2012. Die Anforderungen für die Maximalwertung steigen. So braucht ein Fahrzeug ab 2012 eine 60-Prozent-Bewertung für fünf Sterne beim Fußgängerschutz, 2010 (und 2011) reichten noch 40 Prozent, im Jahr 2009 (als die Bewertungsstrukturen umgestellt wurden) reichten sogar nur 25 Prozent. Auch in den anderen Segmenten wird das Erreichen der Fünf-Punkte-Wertung schwieriger. Und diese Messlatte wird – in Einklang mit der technischen Entwicklung und damit mit dem Machbaren – weiter steigen: „Smart Pressure“ soll der Automobilindustrie den nötigen Anreiz geben, ihre Fahrzeuge noch sicherer zu machen.
© Petra Grünendahl, April 2011, Fotos: pet (1), EuroNCAP (2)
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